Um Kundenvertrauen als Basis eines erfolgreichen Online-Geschäfts aufzubauen, gibt es verschiedene Wege. Neben Gütesiegeln für den E-Commerce-Shop kommt es auf eine überzeugende Personalisierung und Transparenz beim Sammeln und Verarbeiten der Kundendaten an.
Echt verblüffend: Als im Rahmen einer empirischen Bachelorarbeit der Hochschule Fresenius in Hamburg die Wirkung von Gütesiegeln im E-Commerce untersucht wurde, wies ein eigens für diese Studie kreiertes Fake-Zertifikat bei den Befragten eine höhere Bekanntheit auf als die tatsächlich existierenden Siegel. Kundenvertrauen lässt sich offensichtlich auch so generieren.
Der Schein trügt offensichtlich – denn ein überzeugend gestaltetes Label verfehlt seine Wirkung bei den Verbrauchern nicht.
Denn die suchen verzweifelt nach Orientierung im undurchdringlichen E-Commerce-Dschungel. „Außerdem stellte sich bei unserer Befragung heraus, dass die Vertrauenswürdigkeit eines Online-Shops mit der Anzahl seiner Gütesiegel steigt“, berichtet Sascha Hoffmann, Professor für Online-Management und Betreuer der Arbeit.
Commerce Cast: Welche Trends der Onlinehandel auf dem Schirm haben sollte
Wer als Handelsunternehmen beim Kunden auch künftig punkten will, muss auf Zack sein. Denn es geht auch im Onlinehandel um erstklassige Einkaufserlebnisse. Was das konkret bedeutet, diskutieren namhafte Experten in den kommenden Wochen im „K5-Commerce Cast powered by SAP“.
Aufgrund der mitunter recht hohen monetären Vorleistungen und der Distanz zwischen Käufer und Anbieter spiele das Vertrauen im Online-Handel eine wesentlich größere Rolle als im stationären Geschäft. Gütesiegel – so der Wissenschaftler – fungierten dabei als vertrauenswürdiger Dritter.
Laut der repräsentativen Befragung von 1000 Verbrauchern verlässt sich die Mehrheit beim Einkauf darauf. Konsumenten, die ein Gütesiegel kennen, schenken diesem durchweg ein sehr hohes Kundenvertrauen. So liegt die Vertrauenswürdigkeit bei allen Siegeln immerhin zwischen 64 und 84 %. Und gerade bei unbekannten Online-Shops sind sie für zwei Drittel der Kunden ein wichtiges Kriterium für ihre Kaufentscheidung.
Mangelndes Kundenvertrauen bremst den Online-Handel aus
Neben der mangelnden Bekanntheit einzelner Gütesiegel ist laut der Studie zudem die Kenntnis darüber, was genau diese besiegeln, bei den meisten Käufern eher gering. „Diese Unkenntnis hat aber erstaunlicherweise keinen Einfluss auf die vertrauensfördernde Wirkung des Gütesiegels“, wundert sich Prof. Hoffmann.
Die aktuelle Untersuchung unterstreicht noch einmal die Ergebnisse einer älteren Umfrage unter 24.000 Internetnutzern in 24 Ländern. Dort gaben 22 % der Befragten an, nie online einzukaufen – und knapp die Hälfte (49 %) davon gaben als Grund „mangelndes Vertrauen“ an.
Was hat das denn mit dem Thema „Customer Experience“ zu tun? Dieser Begriff wird häufig in Bezug auf die Art und Weise benutzt, wie Kunden mit einem Online-Shop oder einer Webseite interagieren. Oder er betrachtet den Service, den sie von einem Call-Center nach dem Produktkauf erhalten.
Ein ansprechendes Kundenerlebnis geht jedoch weit über Benutzerschnittstellen, Interaktionen oder Transaktionen hinaus. Es umfasst auch Bereiche wie Datenschutz, Personalisierung, Individualität oder Markenwert. Vor allem aber basiert es auf dem Vertrauen der Kunden.
Privatsphäre und Personalisierung sind die Grundpfeiler für Kundenvertrauen
Wer online erfolgreich verkaufen will, ist auf ein gutes Vertrauensverhältnis zwischen sich und seinen Kunden angewiesen. Dieser Prozess beginnt in der Praxis mit der Wahrung der Privatsphäre der Verbraucher und einer überzeugenden Personalisierung. Die Kunden müssen sich sicher sein, dass ihre Daten niemals missbraucht werden. Unbefugte dürfen nicht darauf zugreifen können.
Außerdem möchte jeder Kunde als Individuum respektvoll behandelt werden. Ein gewisser Grad an Personalisierung – basierend auf vorherigen Interaktionen oder Präferenzen, die beim ersten Kontakt angegeben wurden – ist dafür die Voraussetzung.
Hyperpersonalisierung im E-Commerce: Dem Kunden geben, was dem Kunden gebührt
Wer im Einzelhandel nachhaltig erfolgreich sein will, muss den immer anspruchsvoller werdenden Kunden über alle Kanäle hinweg passgenaue Shopping-Erlebnisse bieten. Deshalb kommt auch der Mittelstand am Trendthema Hyperpersonalisierung auf Dauer nicht vorbei.
Beim ersten Punkt, dem Datenschutz, ist es in der Regel sinnvoll, über die gesetzlichen Mindeststandards im jeweiligen Land hinauszugehen und dies auch zu kommunizieren. Denn so wird Kundenvertrauen aufgebaut.
Die bloße Einhaltung der Datenschutzbestimmungen reicht heute meist nicht mehr aus, um einen potenziellen Kunden davon zu überzeugen, dass seine Daten bei Ihnen in sicheren Händen sind.
Das zweite Element des Vertrauensaufbaus, die Personalisierung, ist in der Praxis nicht immer einfach umzusetzen. Doch in einem eigentlich anonymen Online-Kanal individualisierte Services für jeden Kunden aufzubauen, ist anspruchsvoll. Gleichzeitig aber ist sie ein wesentlicher Eckpfeiler für ein positives Kundenerlebnis.
Mit Daten die Interaktionen im Kontext individuell gestalten
Dazu muss der Kontext genutzt werden, um jede Interaktion individuell zu gestalten. Als Grundlage dafür benötigen Sie Informationen, die die folgenden drei Schlüsselfragen beantworten:
1. Was hat der Kunde gemacht?
Diese Informationen können von internen Systemen oder von außerhalb des Unternehmens kommen. Hier ist der Blick auf die historischen Daten wichtig. Was hat der Kunde gekauft, wohin wurden die Artikel geliefert, wann und wie hat der Kunde bezahlt, was hat der Kunde auf den Social-Media-Kanälen gepostet? Wie wurden Probleme durch den Kundenservice gelöst? Das Ziel: Eine Kaufhistorie über den Kunden, um aktuelle Interaktionen besser unterstützen zu können.
2. Was macht der Kunde gerade?
Hier geht es um den Echtzeit-Einblick, der sich erst durch die Analyse der Daten zeigt, die oft unstrukturiert und bisher noch ungenutzt in den Systemen gespeichert sind. Serverprotokolle können das aktuelle Browserverhalten aufzeigen, App-basierte Geo-Location-Daten geben Aufschluss darüber, wo und auf welchem Kanal sich der Kunde gerade befindet. Außerdem können implizite Signale übertragen werden, die wichtig für den Kontext sind. Das Ziel: Einsicht in relevante Kundendaten in Echtzeit, um Kunden im richtigen Moment kontextbezogenen Support oder Angebote bieten zu können.
3. Wie wird sich der Kunde wahrscheinlich verhalten?
Durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) können vergangene und gegenwärtige Daten analysiert werden, um Aussagen über das mögliche künftige Verhalten des Kunden zu treffen. Das Ziel: Diese Vorhersagen dienen auch als Grundlage, um die künftigen Kundenwünsche und -bedürfnisse oder auch Trends in ihre Planung und Strategie zu berücksichtigen.
Selbstbestimmung erhöht Kundenvertrauen
Dieses Informationsbündel ist Basis für die Interaktion und hilft, mit dem richtigen Angebot, der optimalen Ansprache und mit kontextbezogenen Inhalten an den Kunden heranzutreten. Um Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes zu minimieren, sollten Sie jedem Kunden die Möglichkeit geben, selbst zu entscheiden, wie personalisiert die Interaktion zwischen ihm und Ihrer Marke sein soll.
Mehr Transparenz wagen und so Kundenvertrauen aufbauen
Entsprechend sind Unternehmen gefordert, mehr Transparenz zu wagen. Die Art und Weise der Datensammlung – welche überhaupt und zu welchem Zweck – müssen für den Kunden klar ersichtlich und verständlich sein.
Dieser konsensbasierte Ansatz wird das notwendige Vertrauen für ein erfolgreiches Geschäft schaffen.
Denn dadurch wird dem Verbraucher ermöglicht, selbst zu entscheiden, wie personalisiert und individuell sein Erlebnis entlang der Customer Journey sein soll. Relevante, ansprechende Kundenerlebnisse anzubieten – das ist trotz der damit verbundenen Komplexität vermutlich die beste Markenstrategie, die sich derzeit verfolgen lässt. Unternehmen, die sich darauf konzentrieren, erzielen in der Regel Vorteile, von denen ihre Mitbewerber nur träumen können.