Was ist so neu an der Customer Experience?
Ob ein Kunde mit der ihm angebotenen Leistung letztendlich auch zufrieden ist oder wie er sich dabei fühlt, war bisher selten Gegenstand von Untersuchungen. Doch das ändert sich in der Experience Economy.
Das Thema Personalisierung ist eine von vielen unterschiedlichen Stellschrauben, um einem Kunden ein erinnerungswürdiges Markenerlebnis zu bieten. Doch für ein außergewöhnliches Kundenerlebnis müssen alle Berührungspunkte mit einem Unternehmen berücksichtigt werden.
Jeder von uns hat seine eigene Geschichte von guten oder schlechten Erlebnissen mit Produkten, Marken oder Dienstleistern. Insofern ja auch logisch, denn Erlebnisse sind immer persönlich. Denn was für die einen Personalisierung in Perfektion ist, empfinden andere als ungebetene Einmischung in seine Privatsphäre.
Was alle Erlebnisse aber gemein haben, ist, dass man sich oft lange daran erinnert.
Mein persönliches Erweckungserlebnis im Bereich Personalisierung war ein freundliches „Welcome Mr. Müller-Hildebrand“ eines Hotelangestellten schon beim Ausstieg aus dem Taxi. Und zwar lange vor dem Check-in. Im ersten Moment fühlt sich das auch richtig gut an. VIP-like eben.
Erst im zweiten Moment stellt sich die Frage: Woher kennt der Hotelmitarbeiter an der Tür eigentlich meinen Namen und wie hat er mich erkannt? Außer einer standardisierten Reservierung sollte ein Hotel doch keine Informationen über einen Erstbesucher besitzen … Aber was soll es? Die Experience war prima, mein Ego war gestreichelt und ich hatte infolgedessen einen hervorragenden Aufenthalt in einem exklusiven Hotel.
Jetzt stellen wir uns die gleiche Situation mal in der Onlinewelt vor. Sie besuchen zum ersten Mal die Informationsseite eines Hotels und werden gleich auf der Homepage mit Ihrem Namen begrüßt, obwohl Sie wie immer über ein Hotelportal gebucht haben. Das finden wir dann vermutlich irgendwie nicht mehr ganz so toll.
Genau hier verläuft eine sehr feine individuelle Grenze. Und zwar zwischen guter – in diesem Fall personalisierter – Customer Experience. Und einem unguten Gefühl der nicht autorisierten Datenweitergabe andererseits.
Dieses sollte zuallererst immer um den Nutzen beziehungsweise das Einlösen eines Nutzenversprechens, und zwar aus Sicht des Kunden gehen.
Wenn Sie es zusätzlich noch schaffen, die unterschiedlichsten Kunden-Kommunikations-Schnittstellen auf eine gemeinsame Datenbasis zu stellen, dann haben Sie schon viel richtig gemacht. Lösungen wie die SAP CX Suite stellen dafür abteilungsübergreifend die Werkzeuge zur Verfügung.
Dass sich dieser Aufwand lohnt, das belegen zwischenzeitlich beliebig viele Studien, die den positiven Einfluss einem überdurchschnittlichen Kundenerlebnis auf den Unternehmenserfolg nachweisen.
So schreibt die Boston Consulting Group (BCG) alleine dem Thema Personalisierung einen positiven Einfluss von sechs bis zehn Prozent auf den Umsatz zu. Aber aufgepasst: Einige dieser Erhebungen setzen das Kundenerlebnis mit Markenstärke (Brand Trust) gleich. In anderen Quellen wird zudem nicht wirklich zwischen E-Commerce Experience („wie begeisternd war mein Online-Shopping-Erlebnis“) und CX über die gesamte Kundenbeziehung unterschieden.
Letztere beinhaltet per Definition aber alle Berührungspunkte eines Kunden mit der Marke. Das E-Commerce-Erlebnis ist nach meiner Meinung sicher ein wichtiger, aber niemals der alleinige Indikator für Customer Experience.
Eine nachhaltige CX-Strategie muss sämtliche Unternehmensprozesse auf den Prüfstand stellen und sowohl Prozesse als auch Kommunikation aus dem Kundenblickwinkel betrachten.
Dabei gilt es, wie im einführenden Beispiel angedeutet, eine gute Balance zwischen dem heute technisch machbaren, dem kundenseitig akzeptiertem und dem ökonomisch Sinnvollen zu finden. Um diese sinnvolle Balance zu finden, ist es insofern wichtig, die wesentlichen Einflussfaktoren und ihre Auswirkungen auf das Kundenverhalten zu kennen. Und anschließend für die eigene Situation zu bewerten.
Viele Märkte – man denke beispielsweise an den Automobilmarkt – sind von Überkapazitäten geprägt. Der Kunde hat mehr Auswahl denn je.
Gleichzeitig schaffen Marktplätze und effiziente Recherchemöglichkeiten maximale Transparenz zu Preisen, Leistung und Service. Noch offene Fragen werden über soziale Kanäle im direkten Informationsaustausch der Konsumenten beantwortet.
Ob ein Kunde mit der ihm angebotenen Leistung letztendlich auch zufrieden ist oder wie er sich dabei fühlt, war bisher selten Gegenstand von Untersuchungen. Doch das ändert sich in der Experience Economy.
Aber was bedeutet es für die Verkäufer-Käufer-Beziehung, wenn beide Seiten auf dem gleichen Wissenstand sind? Nichts Gutes für den Verkäufer. Die Machtverhältnisse haben sich deutlich verschoben. Und die Konsumenten wissen die neugewonnene Macht gezielt einzusetzen. Stichwort Bewertungsportale, Preis- Suchmaschinen, Lösungsmarktplätze.
Hat gerade jemand „Bingo“ gerufen? Zugegeben, der Begriff „Digitale Transformation“ fehlt heute in keiner Abhandlung zum Status der Gesellschaft oder der Wirtschaft. Und das ist auch gut so. Die Auswirkungen dieser (uns transformierenden) Veränderungen sind für jeden von uns längst erlebbar.
Dabei wird die Stärke einer Veränderung nicht an der Lautstärke im öffentlichen Diskurs – Beispiel Mobilitätsanbieter und E-Scooter – gemessen, sondern eher daran, dass wir schleichend akzeptieren, dass wir zum Beispiel intelligenten Lautsprechern Zutritt zu unseren Wohnungen und unseren privaten Gesprächen gewähren.
Als Gegenleistung erhalten wir natürlich eine optimierte Customer Experience, die sich in diesem Beispiel in einer bisher unerreicht einfachen Bedienung ausdrückt.
Corona hat das Einkaufsverhalten der Verbraucher massiv verändert: Der Online-Handel ist gekommen, um zu bleiben. Doch zu einem ganzheitlichen Einkaufserlebnis gehört auch der Kundenservice. Hier sollte ein Zahn zugelegt werden, denn es gibt es noch sehr viel Luft nach oben.
Was hat das mit unserem Produkt zu tun? Auch wenn Sie zum Beispiel im spezialisierten Anlagenbau tätig und damit meilenweit von „Alexa – spiel Gute-Laune-Musik“-Szenarien entfernt sind, steigen auch für Sie die Ansprüche an ganzheitliche, abgestimmte kundenfreundliche Prozesse und Schnittstellen. Dieser von Gartner „Consumerization“ getaufte Effekt beschreibt genau diesen Einfluss der B2C-Unternehmen auf den B2B-Bereich.
Dieser Effekt wird durch die langsam verwischten Grenzen zwischen privatem und beruflichem Leben – Trend zu Homeoffice-Arbeitsplätzen, universell genutzte Smartphones (Bring Your Own Device), berufliche WhatsApp-Gruppen – noch signifikant verstärkt.