Das digitale Shopping boomt weiter: Vergangenes Jahr gaben die Deutschen rund jeden siebten Euro ihres Haushaltbudgets im E-Commerce aus. Erstmals durchbrach der Branchenumsatz im Onlinehandel damit 2021 die 100 Milliarden Euro Schallmauer. „Handel ohne E-Commerce ist nicht mehr denkbar“, resümierte unlängst bevh-Präsident Gero Furchheim.
Im Onlinehandel wird kaum Geld verdient
Die Kehrseite der Medaille: Die Profitabilität im E-Commerce lässt arg zu wünschen übrig. Laut einer britischen Analyse lag die Gewinnmarge reiner Onlinehändler 2020 im Schnitt gerade einmal bei 1,4 Prozent – und damit noch rund 3 Prozent unter der generell nicht allzu üppigen Durchschnittsmarge im Einzelhandel (4,5 Prozent).
Das Problem ist ein Stück weit selbst gemacht. „Der Wettbewerb im Onlinehandel wird immer intensiver“, sagt Bob Rajan, Handelsexperte beim Managementconsulting-Unternehmen Alvarez & Marsal. Die Händler kämpften heute mit allen Mitteln um Marktanteile und der Preis stehe dabei ständig im Vordergrund. „Das drückt die Gewinnmargen“, so Rajan. Darüber hinaus schnellen die Kosten für Online-Werbung nach oben – und damit die Ausgaben für die Kundenneuakquise.
Ein Grund mehr, aus der Preisspirale auszubrechen und stattdessen Customer Experience, Engagement und langfristige Kundenbindung stärker in den Fokus zu rücken.
Schließlich stehen und fallen Kaufentscheidungen heute immer häufiger aufgrund der Customer Experience (CX). Produkt und Preis treten dagegen zunehmend in den Hintergrund. Für Händler bedeutet das: Sie müssen die Bedürfnisse ihrer Kundinnen und Kunden immer an die erste Stelle setzen, mit aktuellen Trends und Innovationen Schritt halten und gleichzeitig künftige Marktentwicklungen frühzeitig erkennen.
Drei Trends, die der Handel auf dem Schirm haben sollte
- Handel auf allen Kanälen
Schon vor der Corona-Pandemie zeichnete sich eine steigende Nachfrage nach reibungslosen Omnichannel-Erlebnissen ab. COVID-19 hat diesen Trend weiter verstärkt. Je mehr Marken sich im E-Commerce-Segment tummeln, desto stärker steigen die Kundenansprüche. Denn Alternativen für ihren Einkauf sind nur einen Mausklick entfernt. Inzwischen denken Kunden nicht mehr in Kanälen. Sie erwarten nahtlose, hochwertige Erlebnisse, egal wo, wann und wie sie einkaufen.
Warum E-Commerce keine Insellösung ist
Aus der Not heraus haben viele klassische Einzelhändler in den letzten Monaten Online-Shops eingerichtet und waren damit mehr oder weniger erfolgreich. Doch jetzt kommt der Punkt, an dem der E-Commerce auf eine professionelle Basis gestellt werden muss. Denn ein Zurück in die Zeit von vor 2019 wird es nicht mehr geben. Notwendig ist deshalb eine…
Für Einzelhändler bedeutet dies, dass sie bei ihren E-Commerce-Aktivitäten folgende Aspekte berücksichtigen sollten:
- Mobile Commerce
Der Einkaufsbummel per Handy wird immer beliebter – und macht schon heute mehr als die Hälfte des weltweiten E-Commerce-Umsatzes aus. 79 Prozent der Online-Shopper kaufen inzwischen mobil ein, Tendenz weiter steigend. Laut dem Branchenverband bevh erhöhte sich auch in Deutschland das Umsatzvolumen beim Mobile Commerce in den letzten zwei Jahren um 56,5 Prozent auf 39,9 Milliarden Euro.
Mobile Commerce macht somit in unsere Land inzwischen gut 40 Prozent des gesamten E-Commerce-Umsatzes aus.
Wer ein Stück von diesem Kuchen abhaben möchte, sollte sein Mobile Commerce-Angebot nicht nur kontinuierlich ausbauen, sondern vor allem nahtlos mit den restlichen Verkaufskanälen integrieren.
- Social Commerce
Der direkte Verkauf über Social-Media-Kanäle bietet weitere Absatzchancen. Verbraucher profitieren davon, weil sie die jeweilige Plattform zum Einkaufen nicht verlassen müssen, Unternehmen können gleichzeitig aus Kommentaren und Bewertungen wichtige Informationen für ein besseres Kauferlebnis ableiten. Kein Wunder, dass Experten davon ausgehen, dass sich der Umsatz im Bereich Social Commerce bis 2025 fast verdreifachen wird – dieser Trend lässt sich also wohl nicht mehr aufhalten. Post-Corona: Der stationäre Handel ist noch lange nicht tot
Online-Shopping ist gekommen, um zu bleiben. Mit Sicherheit. Nichtdestotrotz zieht es Endverbrauchende hierzulande künftig wieder stärker zu lokalen Händler in den Laden. Woran das liegt und warum der lokale Handel auf Dauer an digitalen Lösungen trotzdem nicht vorbeikommt.
- Headless Commerce
Headless Commerce ermöglicht Unternehmen, ihren Onlinehandel flexibler zu steuern. Warum? Ganz einfach: Die Entkopplung von Front- und Backend stellt die Weichen für nahezu modulare, anpassbare Einkaufserlebnisse. Neue Kanäle lassen sich im Handumdrehen einbinden, ohne dass die Verkaufs-Website dadurch in ihrer Performance beeinträchtigt wird. - Sprachkommunikation, Video und Barrierefreiheit
Noch zieht es viele Konsumenten auch in die stationären Läden. Vor allem, weil sie Produkte dort live und in Aktion erleben können. Doch dank innovativer Commerce Formate wie Live-Videostreams und dem Siegeszug von Siri, Alexa & Co. könnte sich das Blatt schnell wenden. Erst recht, weil Sprachassistenten und Video eine barrierefreie Kundenkommunikation ermöglichen.
Zusammengefasst: Wer seine Kundinnen und Kunden mit reibungslosen Omnichannel-Erlebnissen begeistert, wird auf Dauer am Markt die Nase vorn haben.
- Personalisierung mit Datenschutz
Der zweite große Trend, den Einzelhändler nicht verpassen sollten, ist eine tiefgreifende Personalisierung. Denn Kunden erwarten zunehmend, dass Angebote und Services passgenaue auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind. Paradoxerweise machen sie sich zugleich aber auch immer größere Sorgen um den Datenschutz und stehen Drittanbieter-Cookies enorm kritisch gegenüber.
Personalisierung gerne, aber ohne meine Daten!
Personalisierung ist wichtiger Bestandteil einer CX-Strategie. Eine repräsentative Befragung hat sich mit den Einstellungen von Verbrauchern hierzu befasst - und ziemlich widersprüchliche Aussagen ans Tageslicht gebracht.
Umso wichtiger ist es, dass Händler ihre eigenen Datenschätze auf- und ausbauen. Solange Kunden sehen und verstehen, was mit ihren Daten passiert, geben sie diese nämlich deutlich lieber weiter. Vor diesem Hintergrunde werden die kommenden Jahre durch First- und Zero-Party-Datenstrategien bestimmt sein. So können beispielsweise Online-Umfragen Kunden den Zugang zu exklusiven Rabatten, personalisierten Produkten und Dienstleistungen oder interaktiven Angeboten erschließen. Der Schlüssel dazu ist Transparenz. Wer offen und ehrlich erklärt, was mit den erfassten Kundeninformationen geschieht, schafft eine stabile Vertrauensbasis.
- Vom Produkt zum Zweck
Der Nachhaltigkeitsgedanke ist mittlerweile in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Marken unterstützen, die für etwas stehen, sich für soziale Belange oder Umweltschutz einsetzen, steigen in der Gunst der Verbraucherinnen und Verbraucher. Vor allem Millennials und die Generation Z stimmen gerne mit ihrem Geldbeutel ab.
Nachhaltigkeit bietet neue Chancen für E-Commerce
Vier von zehn Deutschen sind laut einer aktuellen Studie bereit, im neuen Jahr nachhaltiger einzukaufen. Fündig werden sie dabei vorwiegend im Onlinehandel. Doch das grüne Shopping erscheint den Verbraucherinnen und Verbrauchern oft als „zu teuer“ und „unbequem“. Wie die repräsentative Umfrage des Bundesverbandes E-Commerce und Versandhandel Deutschland e. V. (bevh) zusammen mit dem Meinungsforschungsunternehmen Civey…
Mit reinen Lippenbekenntnissen und „Greenwashing“ ist es dabei aber nicht getan. Wer Sinnstiftung predigt, muss auch danach handeln – und zwar auf ganzer Linie. Möglichkeiten dafür gibt es zuhauf. So könnten Händler beispielsweise
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- umweltfreundlichere Versandoptionen anbieten,
- Produkte durch diverse Models präsentieren lassen,
- auf allen Kanälen barrierefreie Einkaufserlebnisse ermöglichen.
Viele Onlinehändler haben das verstanden – und bereits entsprechend reagiert. So zielt beispielsweise das „Fashion with Integrity“-Programm (FWI) der Fast-Fashion-Marke ASOS unter anderem darauf ab, die Emissionen in der gesamten Wertschöpfungskette bis 2030 auf Null zu bringen. Und damit nicht genug: Die Vergütung der Führungskräfte ist bei dem Modehändler mit dem Erreichen der neuen ESG-Ziele verknüpft.
Erfahren Sie hier, wie Sie Ihr Geschäft trotz sinkender Margen und steigenden Konkurrenzdrucks auch künftig erfolgreich ausrichten