Zuletzt aktualisiert: Tchibo: Vom Kaffee-Versand zum Omnichannel-Angebot

Tchibo: Vom Kaffee-Versand zum Omnichannel-Angebot

2 Shares

Artikel anhören

Audio als MP3 herunterladen

Tchibo befindet sich seit der Unternehmensgründung in einem permanenten Wandel. 1949 in Hamburg als kleiner Versandhandel für Kaffee gestartet, gehört die Tchibo GmbH heute zu den weltweit größten Kaffeeröstern. Außerdem ist sie Deutschlands zweitgrößter Betreiber von Kaffeebars.

Das wöchentlich wechselnde Lifestyle-Non Food-Sortiment reicht von Wohn- und Bekleidungstextilien über Haushaltsgeräte, Küchenutensilien und Spielzeug, bis hin zu Schmuck und Elektronik. Damit hat sich das Unternehmen aber auch zu einem der führenden E-Commerce-Händler Europas entwickelt.

Im Rahmen seines einzigartigen Multichannel-Vertriebsmodells betreibt Tchibo heute mit über 11.000 Mitarbeitenden in acht Ländern rund 900 eigene Stores, mehr als 24.200 Depots im Einzelhandel und neun nationale Online-Shops.

Die globale COVID 19-Pandemie, spürbare Engpässe in der Lieferkette und ein verändertes Verhalten der Kundinnen und Kunden zählten in den letzten Monaten zu den größten Herausforderungen für die Kultmarke, die in diesem Jahr 75 Jahre alt wird.

Tchibo investiert in die Digitalisierung

Um auch zukünftig erfolgreich zu sein, investieren wir konsequent in die Digitalisierung der Customer-Touchpoints und setzen eine ganzheitliche Omnichannel-Architektur um,  die den Kunden in den Mittelpunkt stellt und alle Prozesse übergreifend auf diesen ausrichtet“, erläuterte Christoph Kastaun, Director Information Technology bei der Tchibo GmbH, auf den EHI Technologie Tagen 2023 in Bonn.

Omnichannel-Beispiele: So sorgen Marken kanalübergreifend für loyale Kunden

image of a phone screen, representing The best omnichannel retail strategy focuses on the channels that matter most to your customers and providing seamless customer experience. displaying a chat bot and a woman next to it holding a mobile device representing personalization in retail Die Einzelhandels- und E-Commerce-Branche ist voll von Wortschöpfungen und Abkürzungen, die Außenstehenden oft wie eine seltsame Fremdsprache erscheinen. Begriffe wie BOPIS, Click & Collect, OMS oder Omnichannel können verwirrend sein – vor allem, weil viele davon sich überschneiden und oft falsch oder in verschiedenen Zusammenhängen verwendet werden. Omnichannel und Multichannel sind dabei zwei Begriffe, die…

Dort hatte ich Anfang November letzten Jahres das Vergnügen live zu erleben, wie er die neue Omnichannel-Architektur bei Tchibo im Detail vorstellte. Dabei ist noch wichtig zu wissen, dass der innovative Handelskonzern bereits seit vielen Jahren SAP-Software einsetzt und heute mehr als 80 % seiner Kernprozesse damit realisiert.

Dabei besteht der Anspruch, den SAP-Standard immer stärker in der IT-Landschaft zu verankern und den Weg hin zum „Intelligent Enterprise” zu ebnen.

Die Transformation der klassischen On-Premise-Systeme in die Private/Public Cloud ist dabei ein Schlüsselelement. Damit die vier Vertriebsbereiche Store, Depot, E-Commerce und Coffee Service für Profis auch weiterhin eng miteinander verzahnt und rundlaufen, hat Tchibo in den letzten Monaten nicht nur den Umstieg auf SAP S/4HANA bewältigt und seine Analytics-Kapazitäten ausgebaut. Es wurde auch die die SAP Business Technology Platform (BTP) ins Haus geholt und eine übergreifende SAP Technology Organisation im Unternehmen aufgebaut.

Technologie ist für Tchibo eine Kernkompetenz

Denn um eine konsistente und innovative Omnichannel-Customer-Experience zu gewährleisten, versteht Tchibo Technologie als Kernkompetenz. Weitere Erfolgsfaktoren sind eine moderne IT-Infrastruktur und ein Bewusstseinswandel bei den Mitarbeitenden.

Laut Christoph Kastaun sind einige der Herausforderungen dabei:

  • Technische Altlasten: So ist das bisher eingesetzte SAP CRM-System als zentrale Kundenplattform veraltet und wird nicht mehr weiterentwickelt.
  • System-Silos: Es existieren bei Tchibo verschiedene Systeme und Fähigkeiten in den unterschiedlichen Vertriebskanälen.
  • Fehlendes Kundenwissen: Im Lebensmitteleinzelhandel gibt es generell wenig Wissen über die Kundschaft, eine mangelnde Kundeninteraktion und keine Verknüpfung von anonymen und personalisierten Daten.
  • Cookieless Future: Im Online-Marketing besteht bisher eine hohe Abhängigkeit von der Nutzung von 3rd Party-Cookies, was sich aber schon bald ändern soll.

Die neue Omnichannel-Architektur bei Tchibo soll deshalb

  • anonyme und personalisierte Kundendaten aus allen Touchpoints zentral zur Verfügung stellen.
  • Kundenwissen für alle Tchibo-Geschäftsprozesse nutzbar machen, indem diese Daten zusammengeführt, analysiert und aufbereitet werden.
  • Fähigkeiten zur automatisierten und personalisierten Kundenkommunikation in Echtzeit und zum relevanten Zeitpunkt über die Touchpoints bereitstellen.
  • den Kundinnen und Kunden somit über die gesamte Customer Journey über digitale Fähigkeiten für alle Touchpoints ein einheitliches Kundenerlebnis bieten.

Dazu wird die bisherige Infrastruktur mit den Anwendungen für länderspezifische Webshops, mobile Apps, den eigenen Tchibo-Shops und Depots im Einzelhandel und dem Kundenservice schrittweise auf den aktuellen Stand der Technik gebracht. Das SAP CRM-System, mit dem bisher die Verwaltung der Kundendaten, das Identitäts- und Consent-Management, das Ordermanagement und das Loyalty-Programm abgedeckt wird, soll durch eine ganzheitliche CX-Lösung (Customer Experience) abgelöst werden.

Dazu ist für 2024 die Einführung eines neuen Tchibo-Webshops und einer Omnichannel-App geplant. 2025 wird dann noch eine neue Customer-Service-Plattform dazukommen. „Die Digitalisierung unserer Filialen und Depots haben wir bereits erledigt“, berichtete Christoph Kastaun in Bonn über den aktuellen Projektstand.

Was unterscheidet diesen Omnichannel-Ansatz von Tchibo vom Vorgehen anderer Unternehmen?

Denn viele Einzelhändler behaupten ja, dass sie ihre Kundschaft ins Zentrum stellen und den Handel über verschiedene Kanäle betreiben. Das klingt erst mal gut! Aber über welche Omnichannel-Perspektive sprechen sie? Definieren wir daher zunächst einmal die verschiedenen Sichtweisen auf das Thema:

  • Die Erwartungen der Kundinnen und Kunden im Jahr 2024 und danach
  • Die Organisation im Unternehmen und mögliche Arbeitsweisen
  • Die vorhandene IT-Landschaft und realisierte Architektur

Damit komme ich wieder zurück zum Vortrag von Christoph Kastaun in Bonn. Auch er sprach davon, dass Tchibo an einer „echten Omnichannel-Architektur“ arbeitet, in deren Mittelpunkt immer die Kundschaft steht. Dabei will ich mich hier auf den Punkt 3 in der obigen Liste – IT-Landschaft und -Architektur – konzentrieren.

So sieht die geplante Omnichannel-Plattform bei Tchibo aus

  • Eine standardisierte und stabile „Backend Process Platform” legt den Grundstein.

Sie besteht aus SAP S/4 Hana als ERP-System, dem SAP Transportation Management in der Logistik und SAP Integrated Business Planning für die Gestaltung von nachhaltigen, risikoresilienten Lieferketten. Außerdem sorgt das SAP CAR (Customer Activity Repository) dafür, dass Kundinnen und Kunden online mittels „Click & Collect” Waren vorbestellen und anschließend in einem beliebigen stationären Shop abholen können. Das zentrale Bestandsmanagement ermöglicht eine Echtzeit-Sicht auf den Warenbestand und hilft auch bei zielgenauen Verkaufsprognosen.

  • Darauf aufbauend gibt es eine „Customer Platform”.

Sie sammelt sämtliche Kundeninteraktionen aus allen Kanälen und stellt der Kundschaft hoch individualisierte Inhalte zur Verfügung – ebenfalls über alle Kanäle hinweg. Dazu tragen die SAP-Lösungen Customer 360, Emarsys Customer Engagement und Customer Identity & Consent bei.

  • Zahlreiche „Omnichannel Services” ermöglichen die Durchführung und Anbindung aller Kunden-Touchpoints über alle Kanäle hinweg. Dazu zählen beispielsweise:
      • „Customer Data“ mit einer Enterprise Customer Data Platform (CDP) als technologische Grundlage.
      • „Order Management” zur optimierten Auftragsabwicklung.
      • Registrierungs- und Login-Funktionen für die datenschutzkonforme Nutzung der Online-Angebote.
      • eine Loyalty-Lösung zur effizienten Gestaltung eines personalisierten Treueprogramms, mit dem die Markenbindung nachhaltig gestärkt werden kann.
      • Retourenverwaltung zur kanalübergreifenden Abwicklung von Rückläufern.
      • Payment- und Checkout-Features für unterschiedliche Zahlungsmöglichkeiten und einen reibungslosen Abschluss des Einkaufs.
      • „Promotion Management und Pricing” mit dem Feature, Preise in Sekundenschnelle für alle Kanäle zu ändern.
      • „Omnichannel-Verfügbarkeit” mit der Abfrage von Bestandsinformationen für alle Kanäle nahezu in Echtzeit.
      • Abrechnung von Abonnements”, integriert in das Kernfinanzwesen. Übrigens hat Tchibo gerade ein Kaffee-Abo vorgestellt — mit mehr als 90 Kaffeesorten in der Auswahl. Die kommen regelmäßig und zuverlässig versandkostenfrei ins Haus, in selbst gewählten Lieferintervallen von zwei bis zwölf Wochen.

    Studie sieht steigende Ansprüche an Omnichannel

    Das Frontend in der ganzheitlichen Omnichannel-Architektur von Tchibo sind die direkten Kontaktpunkte zu den Kundinnen und Kunden. Die Webshops in verschiedenen Ländern, die App, die Filialen, die Depots und der Kundenservice. Die Analytics- und KI-Plattform bei Tchibo, gemeinsam mit Technologien von Google und SAP aufgebaut, verbessert mithilfe von Daten die Kundenansprache und -zufriedenheit und erhöht zugleich die Effizienz der eingesetzten Marketingmaßnahmen.

    Aus meiner Sicht realisiert Tchibo eine Art Vorbild für eine effiziente Omnichannel-Architektur der Zukunft – ohne Systemsilos und äußerst kundenzentriert.

    Damit trifft das Traditionsunternehmen den Nerv der Kundschaft. Das bestätigt auch eine aktuelle Studie von IFH KÖLN, Google und HDE. Danach wünschen sich mehr als die Hälfte der befragten Verbraucherinnen und Verbraucher einfache und einheitliche Einkaufserfahrungen – egal ob im Laden, im Netz oder miteinander verknüpft. Der Anspruch an die Omnichannel-Angebote steigt dabei und wird vor allem durch jüngere Verbraucherinnen und Verbraucher vorangetrieben.

    Bei der Kundenzentrierung gibt es noch Luft nach oben

    Aber: Zwischen dem, was die Kundschaft von Omnichannel-Services heute erwartet, und den existierenden kanalübergreifenden Angeboten des Einzelhandels existiert laut der Studie nach wie vor eine Kluft. Das Fazit der Untersuchung, für die über 3000 Konsumenten aus Deutschland online befragt, sowie 30 Interviews mit Expertinnen und Experten aus Handel und Industrie geführt wurden: Die Ära der Kundenzentrierung hat gerade erst begonnen. Es gibt noch viel Luft nach oben.

    Erfolgsfaktoren eines erfolgreichen „Kanal egal“-Ansatzes definieren sich danach unter anderem über Innovationen – insbesondere über solche, die mit Unterstützung von Künstlicher Intelligenz (KI) kanalübergreifend Kundendaten messen.

    Und Omnichannel-Services, die auf Convenience, Zeitersparnis und Autonomie ausgerichtet sind, punkten vor allem bei der jüngeren Generation. Sie werden schnell adaptiert und zum neuen Standard.

    Deshalb führt für Händler kein Weg an der Transformation zu einer Innovationsorganisation vorbei, die dieses Tempo mitgehen kann“, heißt es in der Studie. Eine Aussage, die ich unbedingt teile. Denn die gesamte IT-Landschaft und Architektur sind nur die technische Grundlage für ein erfolgreiches Omnichannel-Geschäft.

    Aus meiner Sicht ist es genauso wichtig, dass die gesamte Organisation zu einem Omnichannel-Arbeitsmodus übergeht und sich von siloartigem Kanaldenken und -entscheidungen befreit. Und auch hier zeigt Tchibo sehr überzeugend, wie das heute geht.

    Auf der EuroCIS 2024 aus erster Hand von Tchibo lernen

    Wollen auch Sie von den Erfahrungen der Hamburger Pioniere lernen? Dann besuchen Sie uns auf der EuroCis 2024 vom 27. bis 29.Februar in Düsseldorf an unserem Kaffeestand mit Tchibo-Branding – in Halle 9 Stand F03 der Messe Düsseldorf.

    Dort können Sie auch „Joule“ auf die Probe stellen – unsere generative KI. Der neue Bot nutzt natürliche Sprache und versteht nicht nur die Anweisung des Nutzers, sondern auch den betriebswirtschaftlichen Kontext. So durchsucht der smarte Assistent sehr schnell Daten aus unterschiedlichen Systemen und setzt sie in einen Zusammenhang, um intelligentere Erkenntnisse zu gewinnen.

    Außerdem sehen Sie neue KI-gestützte Funktionen für den Einzelhandel. Die Retailer werden damit dabei unterstützt, ihre Geschäftsprozesse zu optimieren und Profitabilität und Kundentreue zu steigern. Etwa beim Order-Management, mit dem sich nun eigene Bestellabläufe aus unterschiedlichen Vertriebskanälen anlegen lassen – auch in komplexen Fällen für verschiedene Positionen wie Subskriptionen, Abholung in der Filiale und Beschaffung von Zubehör.

    Bieten Sie ein umfassendes, personalisiertes E-Commerce-Erlebnis auf allen Kanälen!


    Hier finden Sie weitere Artikel zu fachverwandten Themen.

Teile diesen Artikel

2 Shares

Suche nach Themen beginnend mit