Zuletzt aktualisiert: AMAG: Ökosystem für nachhaltige Mobilität stellt Kundschaft in Mittelpunkt

AMAG: Ökosystem für nachhaltige Mobilität stellt Kundschaft in Mittelpunkt

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Das Schweizer Automobilunternehmen AMAG hat sich als langjähriger Importeur von Fahrzeugen der Volkswagen-Gruppe einen Namen gemacht. Mit der Vertikalisierung ihres klassischen Geschäftsmodells rüstet sich die AMAG-Gruppe für die Zukunft und baut ein einzigartiges Ökosystem für nachhaltige Mobilität auf.

Wie dabei die richtigen digitalen Kanäle und Tools zum Einsatz kommen und welche Rolle eine exzellente Customer Experience beim Schaffen von Kundenloyalität und der systematischen Nutzung von Cross- und Upselling-Möglichkeiten spielt, war eines der Themen während der Schweizer Ausgabe der SAP CX Live: Exec Connect im November 2023 in Zürich.

Bernhard Soltermann: Wie soll die AMAG-Gruppe in 20 Jahren aussehen?

Dazu stellte Bernhard Soltermann, Co-Managing Director der neuen Division AMAG Energy & Mobility, in seiner inspirierende Keynote die Vision der AMAG-Gruppe und deren Transformationsprozess vor. Im Anschluss beantwortete er mir im Interview noch einige Fragen. „Wir haben uns zunächst damit beschäftigt, wie unser Unternehmen aussehen muss, damit die Kundinnen und Kunden auch in 20 Jahren noch zu uns kommen“, nannte er den Ausgangspunkt.

Vor dem Hintergrund von Digitalisierung, Elektrifizierung der Automobilbranche und des dringend notwendigen Klimaschutzes entwickelt der 1948 gegründete Familienbetrieb mit Sitz in Cham im Kanton Zug seine Geschäftsfelder gezielt weiter. So investiert er zum Beispiel konsequent in erneuerbare Energien und innovative Mobilitätslösungen.

Ziel des begonnenen Umbaus ist die Transformation der AMAG-Gruppe zu einem modernen Mobilitäts- und Energieanbieter, bei dem der Kunde im Mittelpunkt steht.

Denn die zukünftige Fortbewegung von Menschen und Gütern werde – so unser Gast – „nachhaltig, digital und vernetzt“ sein.

Alles aus einer Hand rund um die E-Mobilität

Das angestrebte Ökosystem, das neben der E-Mobilität auch alle Produkte und Dienstleistungen „drumherum“ im Portfolio hat, soll in Zukunft den Kundinnen und Kunden „alles aus einer Hand“ anbieten. Dabei kann das größte Automobilunternehmen der Schweiz, dessen Firmenname für „Automobil- und Motoren AG“ steht, auf eine gesunde Basis aufbauen.

Es vertreibt nicht nur als Importeur die Marken Volkswagen, Audi, SEAT, Cupra, ŠKODA und VW Nutzfahrzeuge über rund 600 Händler und Servicepartner im gesamten Land. Sondern die AMAG-Gruppe vertritt auch die Marken Porsche und Bentley in der Schweiz über Tochtergesellschaften und betreibt 80 eigene Garagenbetriebe. Dazu kommen Gebrauchtwagen- und Karosseriezentren.

Zur Gruppe gehören ebenfalls die AMAG Leasing AG als Finanzdienstleister und die AMAG Parking AG, die verschiedene Parkhäuser bewirtschaftet. Außerdem bietet die AMAG Services AG als Lizenznehmerin von Europcar Carsharing, Valet-Parking-Dienste an den Flughäfen des Alpenlandes und Chauffeurdienste in der gesamten Schweiz an. Auch ein Logistik-Spezialist (mobilog) und ein Anbieter von Dienstleistungen für das Flottengeschäft (Movon) zählen zu dem Konglomerat.

Schon 2025 will die AMAG-Gruppe klimaneutral arbeiten

Unter anderem erzählte Bernhard Soltermann mir im Gespräch, dass sich die AMAG-Group als erstes Unternehmen der Fahrzeugbranche in der Schweiz dazu verpflichtet hat, bis 2025 klimaneutral zu arbeiten. Bis 2040 soll ein klimaneutraler Fußabdruck gemäß „Net Zero“ über alle Wertschöpfungsstufen erreicht sein.

Ehrgeiziges Ziel ist es, der erste Anbieter von nachhaltiger individueller Mobilität zu werden, der den zusätzlichen Strombedarf für die Elektrofahrzeuge weitestgehend selbst – und mit seinen Partnern gemeinsam – deckt.

Das Ökosystem umfasst bereits mit Clyde (E-Fahrzeuge im Abonnement), Helion Energy (Photovoltaik-Infrastruktur und Wärmepumpen) sowie Helion charge:ON (Ladelösungen für Geschäftskunden) drei eigenständige Unternehmen. Als Teil der AMAG-Gruppe liefern sie innovative Lösungen rund um die erneuerbaren Energien und die nachhaltige Mobilität.

Doch die Vision der AMAG geht weiter. Partnerschaften mit Start-ups und Pionieren im Bereich der individuellen Mobilität sollen für einen raschen Ausbau des Ökosystems sorgen. Dazu wurde die Noviv Mobility AG gegründet, die sowohl Dienstleistungen im Bereich Handel und Service als auch neue Mobilitätskonzepte anbietet.

So ist sie Vertriebspartner für das Leichtelektrofahrzeug Microlino oder tritt als Betriebs- und Verkaufspartner von LOXO in Erscheinung. Das Start-up aus Bern hat ein intelligentes autonomes Lieferfahrzeug entwickelt, das die Probleme der Last Mile-Zustellung auf Anbieter- und Kundenseite löst.

Im hauseigenen AMAG Innovation & Venture LAB werden zudem selbst neue und innovative Ideen für die Mobilität der Zukunft entwickelt und gezielt Investitionen vorgenommen. Ein Beispiel dafür ist das Venture allride. Es bietet schweizweit elektrische und geteilte 2- oder 4-Rad-Mobilität für Wohnareale und Unternehmen an. Dazu gehören eine digitale Buchungsplattform, kontinuierliche Fahrzeugwartung und Kundenservice.

Mit dem Einstieg in die dänische Firma Holo, die einer der führenden Implementierer, Integratoren und Betreiber von autonomen Fahrzeugen in Skandinavien ist, erobert die AMAG neue Sphären. Das 2016 gegründete Unternehmen verfügt über umfassende Erfahrungen mit selbstfahrenden Fahrzeugen. Das gilt für den Personenverkehr und die Frachtbeförderung am Boden in fünf Ländern – sowohl auf der Straße als auch auf Gehwegen. Es arbeitet aber auch an neuen Transportlösungen in der Luft mit Drohnen.

Gemeinsame IT-Infrastruktur für Komplettangebote aus einer Hand

Damit wir aus einer Hand Komplettlösungen für unsere Kundinnen und Kunden anbieten können, etwa ein Elektrofahrzeug mit Ladeinfrastruktur und Solaranlage, benötigen wir eine stabile und flexible IT-Infrastruktur“, sagte mir Bernhard Soltermann im Gespräch. Da trifft es sich gut, dass das Automobilunternehmen schon seit vielen Jahren in den unterschiedlichsten Bereichen eine enge Partnerschaft mit SAP pflegt. Für die äußerst komplexe Firmenkonstruktion wurde eine gemeinsame IT-Landschaft geschaffen.

So war die AMAG weltweiter Lead-Customer bei der Entwicklung des SAP Automotive-Moduls und hat es entscheidend mitgeprägt. SAP DBM (Dealer Business Management) wird heute ebenso eingesetzt wie die SAP Commerce Cloud als Basis des B2B-Onlineshops für 1280 Autohäuser.

Aktuell konsolidiert die AMAG-Gruppe auch ihr zentrales ERP-System und migriert es auf SAP S/4HANA in der Cloud.

In der Vergangenheit waren wir sehr technikverliebt und haben eher die Produkte in den Mittelpunkt gerückt”, erwähnte der AMAG-Manager im Gespräch. Das ändere sich mit der strategischen Neuaufstellung, bei der nun der Fokus voll auf den Kundinnen und Kunden liegt. Um deren Customer Journey einfach und digital abbilden zu können, werden viele wichtige Bausteine neu gedacht und gestaltet. Das gilt insbesondere im Bereich Digital Online Sales und Data-Driven-Marketing.

Lückenloses Online-Angebot rund um Autokauf und Service

Wichtige Handlungsfelder sind auch datenbasierte Entscheidungen und die Monetarisierung von Daten. AMAG investiert zudem viel in die Verbesserung der digitalen Zusammenarbeit zwischen all der verschiedenen Firmen, die zur AMAG-Gruppe und ihrem Ökosystem gehören. Angestrebt wird ein einheitliches Bild vom Kunden und seinen Bedürfnissen, dass auch als „Customer 360″ bezeichnet wird, und eine effiziente und einheitliche Betreuung ermöglicht.

Während der Corona-Pandemie ist die Gruppe mit einem lückenlosen Online-Angebot rund um den Autokauf und die Serviceleistungen gestartet. Dazu gehört unter anderem eine persönliche Beratung via Chat-Funktion oder die Möglichkeit, das alte Auto zu verkaufen oder einzutauschen. Auch kann die AMAG-Kundschaft über das Internet-Portal eine Versicherung oder einen Leasingvertrag abschließen.

Erklärtes Ziel ist ein Omnichannel-Kundenerlebnis während des gesamten Lebenszyklus und ein einfacher Zugang zu vielen Aftersales-Dienstleistungen: Angefangen mit der Online-Terminvereinbarung über die digitale Schadenmeldung bis hin zur Bestellung von Ladeinfrastruktur für das E-Fahrzeug.

Die AMAG investiert in CO2-Speicherung und eFuels

Doch der Fahrzeug-Großimporteur denkt längst über das klassische Autogeschäft hinaus. So ist er beim Start-Up Climeworks aus Zürich eingestiegen, das mit seiner Direct Air Capture-Technologie weltweit führend ist. Mit ihrer Hilfe lassen sich Kohlendioxid-Emissionen durch große Kollektoren, die mit erneuerbarer Energie betrieben werden, aus der Luft filtern. Anschließend kann das Klimakiller-Gas dann im Boden gespeichert und mit den Jahren dauerhaft mineralisiert werden.

Auch wenn Bernhard Soltermann davon überzeugt ist, dass „die Zukunft des Autos in Europa elektrisch sein wird“, dürfte der Verbrennungsmotor weltweit noch lange eine Rolle spielen. Deswegen seien auch synthetische Treibstoffe – die sogenannten eFuels – in der Übergangszeit ein wesentlicher Treiber für eine CO2-arme Mobilität.

Nachhaltige Treibstoffe können als komplementäre Lösung zur Elektrifizierung zu einem CO2-neutralen Straßenverkehr beitragen“, so mein Gast auf der Bühne.

Gelingt es, die verbleibenden Personenwagen mit Verbrennungsmotor mit synthetischen Treibstoffen zu betreiben, dann könnten die CO2-Emissionen der Schweiz voraussichtlich um bis zu 10 % gesenkt werden.

Aber auch Landwirtschaft und Luftfahrt warteten händeringend auf nachhaltigere Kraftstoffe, da der Elektroantrieb hier noch keine Alternative sei.

Mit einer Beteiligung an der Synhelion AG unterstützt die AMAG die Herstellung von eFuels nach einem neuartigen Verfahren. Das junge Unternehmen mit Sitz in Lugano verwendet dazu durch Spiegel gebündelte Sonnenenergie. Die damit erzeugte Solarwärme treibt dann einen thermochemischen Reaktor an, der Kohlendioxid und Wasser in Synthesegas umwandelt.

So kann die tagsüber erzeugte Solarwärme durch kostengünstige thermische Energiespeicher aufbewahrt werden. Sie ermöglicht so die Produktion von synthetischen Treibstoffen rund um die Uhr. Derzeit ist eine erste Anlage in industrieller Größe im Bau und soll im Verlauf des Jahres 2024 in Betrieb gehen.

Nachhaltigkeit und Customer Experience stehen im Mittelpunkt

Wir haben uns zum Ziel gesetzt, unseren Kundinnen und Kunden einfache und vernetzte Mobilitätslösungen anzubieten“, betonte Bernhard Soltermann in seiner Keynote. Die Nachhaltigkeit stehe dabei ebenso im Mittelpunkt wie ein exzellentes Kundenerlebnis. Beides lässt sich in der Automobilbranche mit der weiteren digitalen Transformation und neuen technologischen Möglichkeiten – wie etwa dem Einsatz von generativer Künstlicher Intelligenz – mittelfristig erreichen.

Die rasante Veränderung der AMAG-Gruppe, die auf Basis einer kühnen Vision zielstrebig Maßnahmen umsetzt, ist dafür ein überzeugendes Beispiel.

Und das strahlt längst über die eigene Branche hinaus. Mit dem „Sustainable Valley Zug“, dessen Projektleiter Bernhard Soltermann ebenfalls ist, wurde im Kanton Zug eine Initiative für eine Modellregion für mehr Nachhaltigkeit in der Schweiz lanciert. In ihr sollen Energieerzeugung, Immobilienwirtschaft und Mobilität neu gedacht und die Akteure mit den Verbraucherinnen und Verbrauchern auf neue Art intelligent miteinander vernetzt werden. „Unser Anspruch ist es, damit eine Blaupause für ähnliche Initiativen zu schaffen“, betonte unser Gast.

Mein Resümee: Verzahnung von Kundenerlebnis, digitalen Lösungen und Ökosystemen

Die Einblicke, die uns Bernhard Soltermann auf der SAP CX Live in Zürich gegeben hat, waren für mich in zweifacher Hinsicht sehr lehrreich:

  • Die AMAG hat ihre digitale Transformation weg vom klassischen Automobilunternehmen mit einer progressiven Vision der zukünftigen Mobilität kombiniert. Ein zentraler Erfolgsfaktor ist dabei die Verzahnung von Kundenerlebnis, digitalen Lösungen und der Auf – und Ausbau von Mobilitäts- und (Energie-) Ökosystemen.
  • Eine exzellente Customer Experience ist bei all den schnellen Veränderungen und vielen Möglichkeiten von zentraler Bedeutung. Denn gerade ein solch komplexes Unternehmen, wie es die AMAG heute ist, wird nur dann erfolgreich sein, wenn sie über die entsprechenden digitalen Lösungen verfügt und damit ein Customer 360-Grad-Profil ihrer Kundinnen und Kunden erstellen kann, dass sämtliche Aspekte in hoher Qualität abdeckt.

Alles in allem hat sich der traditionsreiche Fahrzeughändler aus der Schweiz auf eine spannende Reise begeben, die für viele andere Automotive-Unternehmen eine Vorbildfunktion einnehmen dürfte. Ich bin gespannt, wohin dieser Weg in den nächsten 20 Jahren führen wird.

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