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CEX Trendradar Deep Dive: Erfolgreich verkaufen heute und in Zukunft

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Vor einiger Zeit habe ich hier im Blog das CEX Trendradar vorgestellt. Die jährlich erscheinende Studie zum aktuellen Stand der Customer Experience (CX) im deutschsprachigen Raum wird von Harald Henn gemeinsam mit Prof. Dr. Nils Hafner von der Hochschule Luzern in der Schweiz herausgegeben.

Kürzlich haben die beiden Experten auf Basis ihrer diesjährigen Untersuchung einen „Deep Dive“ vorgelegt. Er soll dabei helfen, das Thema CX im E-Commerce noch besser zu durchleuchten und konkrete Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen.

„Mit dieser Methode unterziehen wir dieses Thema einer intensiven und gründlichen Analyse und tauchen tief ein, um Ideen und Impulse für Sie zu beschreiben.“

So erläutern die beiden Autoren im Vorwort ihr Vorgehen. Ich will ihre wichtigsten Gedanken hier kurz zusammenfassen.

Customer Intent: Der erste Schritt in der Customer Journey

Die Einkaufsgewohnheiten vieler Menschen haben sich – so die Kernthese – schon lange vor Beginn der COVID-19-Pandemie geändert. Die Entscheidung für einen Kauf ist heute häufig bereits abgeschlossen, bevor eine Kundin oder ein Kunde einen Onlineshop aufsucht. Für die Unternehmen hat dies zur Konsequenz, dass sie viel früher ansetzen müssen – indem sie mögliche Kaufabsichten rechtzeitig erkennen.

Kaufabsichten – oder neudeutsch “Customer Intent” – sind der erste Schritt in der Customer Journey.

Bevor ein Unternehmen auf die Bedürfnisse der Kundschaft angemessen reagieren kann, muss es erst einmal verstehen, was diese will oder was die Absicht der Verbraucherinnen und Verbraucher ist.

Viele eher inside-out konzipierte Customer Journeys versuchen den Kundinnen und Kunden ein Produkt zu „verkaufen“. Bei der intent-basierten Customer Journey geht es jedoch darum, frühzeitig (outside-in) das Bedürfnis der Kundschaft zu erkennen und dieses dann mit einem hochrelevanten und kuratierten Angebot optimal zu erfüllen.

Dessen Inhalt unterstützt das Erlebnis – die Customer Experience – und nicht nur ein einzelnes Produkt. Intent-basierte Journeys gehen auch über eine einfache Personalisierung der Ansprache hinaus, die rein auf dem Verhalten der Kundinnen und Kunden in der Vergangenheit basiert.

Zugegeben, das Kundenverhalten ist in Echtzeit oft zu einem großen Teil unberechenbar, komplex und meist nur schwer zu durchschauen“, räumen die beiden Deep Dive-Autoren ein. Dennoch sei es für die Unternehmen erforderlich, über das bisherige Verhalten der Kundschaft hinauszublicken und möglichst frühzeitig in der Customer Journey präsent zu sein.

Das Social Web beeinflusst die Kaufgewohnheiten

90 Prozent der Menschen kaufen laut einer Studie von SproutSocial aus dem Jahr 2020 bei Unternehmen online ein, denen sie im Social Web folgen. 75 Prozent tätigen mehr Umsätze mit den Anbietern, deren Fans sie in den sozialen Netzwerken sind.

YouTube, Facebook, Instagram, TikTok und Co. haben mittlerweile einen erheblichen Einfluss auf die Kaufentscheidungen.

Besonders praktisch ist es deshalb, wenn ein E-Commerce-Anbieter die Social-Media-Kanäle direkt an seinen Webshop anbindet, um sie aus dem Shopsystem heraus mit Produkten und dem entsprechenden Content zu füllen.

Das Verhältnis zwischen Anbieter und Kundschaft hat sich mit den neuen Möglichkeiten des Social Web grundlegend verändert. „Gut informierte Kundinnen und Kunden recherchieren vor einer Kontaktaufnahme und verfügen bereits über ein fundiertes Wissen, bevor sie zum ersten Mal mit dem Unternehmen in Kontakt treten“, heißt es dazu im Deep Dive.

Darum ist 2022 im Onlinehandel eine CX-Neuausrichtung erforderlich

A woman shops on her laptop on her own schedule with ease, representing 2022 commerce trends. Die aktuellen Commerce-Trends unterstreichen deutlich: Die Pandemie hat in den letzten beiden Jahren das klassische Backoffice im Onlinehandel überflüssig gemacht. Wenn in den vergangenen Monaten ein E-Commerce-Anbieter in die Knie ging, waren in den seltensten Fällen Performanceprobleme oder langsame Checkout-Prozesse die Ursache. Sondern meist Lieferkettenprobleme wie etwa schnell sinkende Lagerbestände, eine lahm gelegte Logistik oder…

Ein weiterer aktueller Trend, der in dem Paper vorgestellt wird, ist der Discovery Commerce und das Liveshopping. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um eine Kombination aus bekannten E-Commerce Vermarktungsstrategien und neuen Technologien und Interaktionsformen. Streaming-Plattformen wie Twitch, Livescale.tv oder Amazon Live und Einzelhändler wie Tchibo, dm, XXXLutz, Otto oder auch unsere Kundin Douglas waren während der Pandemie damit sehr erfolgreich.

Angesichts einer Verzehnfachung der Konversionsrate, die laut einer McKinsey-Studie beim Live-Shopping im Vergleich zu herkömmlichen E-Commerce-Angeboten festzustellen ist, setzen immer mehr Retailer auf Einkaufsevents aus dem Videostudio. Denn damit kann die Customer Journey wirklich individuell und menschlich werden – aber ohne, dass sich die Kundin oder der Kunde zum Kauf genötigt oder bedrängt fühlt. Entertainment und Beratung wie in traditionellen stationären Geschäften lässt sich dabei optimal mit dem Komfort verbinden, den der E-Commerce heute bietet.

Connected Retail verbindet stationären Handel und E-Commerce

Und damit sind wir schon beim Thema Connected Retail. „Vereinfacht ausgedrückt geht es um die Verknüpfung von E-Commerce und stationärem Einzelhandel“, schreiben Harald Henn und Prof. Hafner und erläutern diesen Trend am konkreten Beispiel:

Ein kleines Feinkostgeschäft in der Fußgängerzone bietet etwa seiner Kundschaft an, sich auf der Website des Ladens über Angebote, das Sortiment oder Neuheiten zu informieren und auch gleich zu bestellen. Mit einem Online-Newsletter lassen sich Sonderangebote oder Restbestände anbieten und zu Produktvorführungen, Verkostungen, Weinproben einladen. Kundinnen und Kunden können gleich im Laden kaufen und die Einkäufe mitnehmen oder sie lassen sich die vor-Ort erworbenen Produkte nach Hause liefen.

Dabei können auch Partnerschaften sinnvoll sein. Als Betreiber eines reinen Online-Shops eine Partnerschaft mit einem stationären Händler einzugehen, bietet für beide Seiten Vorteile.

Das Ladengeschäft kann seine Waren auf der E-Commerce-Plattform präsentieren. Im Gegenzug kann der E-Commerce Anbieter auf die Räumlichkeiten des Ladens zurückgreifen. Wie vielfältig die Möglichkeiten des Connected Retails sind, lässt sich anhand des folgenden kleinen Glossars ermessen:

  • BOPIS Buy Online, Pick Up In-Store = Click und Collect
  • BOSS Buy Online, Ship-To-Store
  • ROPO Research Online, Purchase Offline
  • BIMBO Browse In-Store, on Mobile, Buy Online
  • BODFS Buy Online Deliver from Store
  • BORIS Buy Online, Return In Store

Durchgängige Customer Experience als zentrale Herausforderung

Anspruchsvolle Kundinnen und Kunden erfordern heute die Berücksichtigung vielfältiger Kommunikationswege und Kontaktpunkte. Vielfach haben sie schon ihren Auswahlprozess auf Vergleichsportalen gestartet oder Content von Influencern konsumiert, ohne dass Hersteller oder Händler dies überhaupt mitbekommen.

E-Mail, Online-Shop, mobile App, Facebook, YouTube, Twitter, Instagram, TikTok, stationärer Laden, digitaler Marktplatz – die Kommunikation zwischen Kundschaft und Unternehmen findet heute an vielen unterschiedlichen Touchpoints statt.

Eine durchgängige Customer Experience (CX) zu schaffen, ist dabei die zentrale Herausforderung.

Denn stehen die wichtigsten Anwendungen jeweils nur für sich, drohen Datensilos. Darin gehen wichtige Kundensignale unter und es ist keine Echtzeit-Kommunikation möglich, geschweige denn eine durchgängige Customer Journey entlang aller Touchpoints. Zwei wesentliche Aspekte, um dieses Ziel erreichen, betrachten die beiden Autoren näher: Die personalisierte Ansprache der Kundinnen und Kunden sowie das Bereitstellen eines exzellenten Customer Service.

Personalisierte Ansprache schafft Vertrauen und dadurch Mehrwert

Es reicht heute nicht mehr aus, den Kundinnen und Kunden auf Basis ihrer Such- und Kaufhistorie eine Produktempfehlung zu präsentieren. „Personalisierung bedeutet vielmehr, die Verbraucherinnen und Verbraucher mit ihren individuellen Bedürfnissen, Affinitäten und Vorlieben aus dem Kontext, aus dem heraus sie agierten, anzusprechen und somit ein echtes Kundenerlebnis zu schaffen“, bringt es der Deep Dive auf den Punkt.

Wenn eine Kundin oder ein Kunde auf einer sozialen Plattform bestimmte Produkte mit „Gefällt mir“ hervorhebt oder diese mit ihrem Netzwerk teilt, sind das Anhaltspunkte für eine personalisierte Ansprache. Anlässe dafür können sehr einfache Dinge sein, die auch nicht unmittelbar einen Produktbezug haben müssen. Ein Jubiläum beispielsweise: Ein Jahr treuer Kunde bei einem E-Commerce Anbieter, das Überschreiten einer bestimmten Umsatzgröße, die dritte gute Beurteilung des Kundenservice. All das sind Anlässe, um diesen Kundinnen und Kunden persönlich „Danke“ zu sagen.

Ein personalisiertes Video, in dem der E-Commerce Anbieter sich für das Vertrauen und die Zusammenarbeit nach dem ersten Jahr bedankt, hinterlässt ein sehr positives Gefühl bei der Kundschaft.

Je nach Zweckmäßigkeit, Gesprächsanlass und Verfügbarkeit ist das Wechseln zwischen analogen und digitalen Touchpoints, zwischen Telefon und Chat, zwischen persönlichem Gespräch und Self-Service selbstverständlich. Vom Werbebanner über die E-Mail-Kampagne bis zu den Informationen, die das Servicepersonal am Telefon gibt, darf es keine Widersprüche geben. Wenn eine Modemarke bei einer Instagram-Aktion 35 % und auf Facebook gleichzeitig nur 25 % Rabatt gibt, kann das zu Irritationen und Ärger bei den Kundinnen und Kunden führen.

Problematisch daran gestaltet sich diese konsistente Kommunikation meist dann, wenn die unterschiedlichen Teile der Customer Journey in der Verantwortung unterschiedlicher Abteilungen im Unternehmen liegen: Marketing, Vertrieb, E-Commerce oder Customer Service.

Der Marketing-Abteilung zu verdeutlichen, welche Fragen im Kundenservice durch welches Versprechen zu Beginn der Journey entstehen, ist ein enormer Koordinationsaufwand und damit eben der Schwachpunkt des in der Praxis häufig angestrebten Omnichannel-Ansatzes. Denn je nachdem, wie die einzelnen Abteilungen geführt und incentiviert werden, ergeben sich daraus Interessenkonflikte.

E-Commerce Anbieter, die sich wirklich auf die Anliegen ihrer Kundinnen und Kunden fokussieren wollen, müssen folglich ihre Kundenmanagement-Aktivitäten zukünftig Outside-In planen“, raten die Verfasser des CEX Trendradars. Als Grundlage dieser Anpassung sei jedoch eine detaillierte Kenntnis der Customer Journey notwendig.

Exzellenter Customer Service ist erfolgskritisch

Wie bei kaum einer anderen Branche spielt daher im Online-Handel auch der Service aus Kundensicht eine herausragende Bedeutung. Entlang der gesamten Customer Journey sind in Echtzeit – oder nahezu Real Time – verfügbare Informationen für den Kunden und schnelle, einfache Prozesse erfolgskritisch.

Die Logistikdienstleister der Online Händler haben die Messlatte an guten Customer Service in den letzten Jahren durch ausgefeilte Lösungen immer höher gelegt.

Da viele Kunden mit unterschiedlichen Logistik-Dienstleistern mehr oder weniger gute Erfahrungen sammeln, muss der letzte Abschnitt der Customer Journey im besonderen Fokus der Online-Händler stehen. „Wer diesen letzten Schritt nicht beherrscht, läuft Gefahr, alle zuvor gesammelten Pluspunkte beim Einkauf und Bezahlen zunichtezumachen“, warnen die Experten.

Neue Ansätze für abteilungsübergreifende Zusammenarbeit

Nach Ansicht von Harald Henn und Prof. Hafner sind deshalb „neue Ansätze des interdisziplinären und abteilungsübergreifenden Zusammenarbeitens gefragt“. Die Umsetzung in die Praxis stelle für viele herkömmliche Online-Händler in ihren gewachsenen Strukturen jedoch einen enormen Veränderungsprozess dar.

Patentrezepte, um zu einer kundenzentrierten Organisation zu gelangen, gibt es nicht. Und: Derartige Veränderungen brauchen Zeit.

Wohin die Reise geht, zeigt das Beispiel Otto. Der Versandhändler verabschiedet sich endgültig vom Marketing-Silo und legt Marketing und Vertrieb in der neuen Abteilung Kundenmanagement zusammen.

Zu den Kernaufgaben des CX-Managements in diesem Zusammenhang gehört laut dem Deep Dive-Papier die Kenntnis, das Design und die Optimierung von Customer Journeys. Wichtig ist dabei die Frage, welcher Content an welchem Touchpoint für welche Kundin und welchen Kunden in welcher Form personalisiert auszuspielen ist. Und zwar so, dass ein konsistentes und für die Kundschaft positives Gesamterlebnis entsteht.

CEX Trendradar sieht Technologie als Eckpfeiler für überragende CX

Ausführlich gehen die beiden Autoren in ihrem „Deep Dive SAP E-Commerce“ auf die Technologie als „Eckpfeiler für eine personalisierte, zeitnahe Ansprache von Kundinnen und Kunden“ ein. Neben einer flexiblen Headless-Architektur als technologische Basis der E-Commerce-Infrastruktur spielen insbesondere Customer-Data-Plattformen zur Vereinheitlichung der Kundenprofile eine zentrale Rolle.

Da wir aber über diese Seite der Customer Experience hier im Blog schon viel geschrieben haben, will ich in diesem Beitrag aus Platzgründen darauf verzichten.

Sondern ich möchte zum Abschluss noch einmal auf unser interaktives Flipbook hinweisen, in dem auf jeweils einer Seite über 80 Success Stories zum Einsatz der SAP Commerce Cloud aus 20 Branchen und Regionen rund um den Erdball vorgestellt werden.

Und die aktuellen CX-Trends im deutschsprachigen Raum gibt es natürlich im CEX Trendradar für 2022.

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